Abrisszahlen von Wohngebäuden sinken deutlich

Es ist in vielerlei Hinsicht eine gute Nachricht: Die Zahl abgerissener Wohngebäude ist in Deutschland seit vielen Jahren auf dem Rückzug. Mit Blick auf ressourcenschonendes Bauen und den Klimaschutz möchten Experten diesen Trend möglichst noch weiter fördern. Interessante Erkenntnisse hierfür hat jetzt ein Forschungsprojekt zu Tage gefördert.

Bonn/Dresden. In Deutschland werden immer weniger Gebäude abgerissen. Schon seit dem Jahr 2007 gehen die Abrisszahlen zurück, seit 2018 zeigen sich besonders große Rückgänge. Im Zeitraum von 2007 bis 2021 sind die Abrisszahlen bei Wohngebäuden um insgesamt 36 Prozent gesunken. Bei Nicht-Wohngebäuden war ein Minus von 19 Prozent zu verzeichnen. Das geht aus einer Datenauswertung hervor, welche das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) jetzt veröffentlicht hat.

Die Studie ist der Ergebnisbericht eines vom Bundesbauministerium geförderten Forschungsprojekts am Institut für Baubetriebswesen an der Technischen Universität Dresden. Die Wissenschaftler um Prof. Jens Otto haben die Statistiken zu Bauabgängen von Hochbauten im Zeitraum von 2007 bis 2021 untersucht und mit Hilfe von Expertenbefragungen zugleich die Entscheidungsprozesse untersucht, die zum Abriss geführt haben. Es zeigte sich, dass in Deutschland im Durchschnitt rund 12.000 Gebäude pro Jahr abgerissen wurden.

Dabei hatte das Einfamilienhaus den höchsten Anteil an den Abrissobjekten. Interessant ist, dass es eine starke räumliche Konzentration gibt: Die Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern erreichten mit Abstand die höchsten Anteile am bundesweiten Bauabgang. In NRW, Bayern und Niedersachsen war zudem der Anteil der Bauabgänge am gesamten Gebäudebestand besonders hoch. Als Bauabgang erfasst die Statistik nicht nur abgerissene, sondern auch komplett umgenutzte Gebäude.

Sinkende Abrisszahlen gut für Klimaschutz

Es zeigt sich, dass die allermeisten abgerissenen Wohngebäude einem neuen Wohngebäude weichen mussten. Erst mit großem Abstand folgt die Schaffung von Freiflächen als zweitwichtigster Beweggrund für den Abriss von Wohngebäuden. Anders sieht es bei den Nicht-Wohngebäuden aus: Hier ist eine grundlegende Nutzungsänderung die häufigste Ursache für den gemeldeten Bauabgang. Ersatzneubauten folgen auf Platz zwei, wobei es sich häufig auch um neue Wohngebäude handelt, die ersatzweise errichtet werden.

Unter den abgerissenen Gebäuden hatten jene Objekte mit Baujahren zwischen 1949 und 1978 den größten Anteil. Allerdings fanden sich in der Abriss-Statistik auch zu 17 Prozent Gebäude, die noch keine 43 Jahre alt waren. Trotzdem: Die insgesamt erheblich gesunkenen Abrisszahlen stellen nach Einschätzung des BBSR eine erfreuliche Tendenz dar: „Diese Entwicklung ist aus Sicht der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes positiv zu bewerten“, heißt es in der Mitteilung der Behörde.

Hintergrund ist die Erkenntnis, dass die Sanierung eines Altbaus weniger Ressourcen verschlingt und weniger CO2 freisetzt, als der Abriss und Neubau eines Gebäudes. Daher ist es sinnvoll, Gebäude möglichst lang zu nutzen und sie ggf. neuen Anforderungen anzupassen. Doch welche Bedingungen braucht es, damit möglichst viele Eigentümer mit ihren Gebäuden diesen Weg beschreiten können? Hierzu haben die Wissenschaftler durch ihre Befragungen einige interessante Erkenntnisse gewonnen.

Abrissvermeidung: Weitsichtige Planung sinnvoll

„Die Ergebnisse zeigen, dass Faktoren wie Denkmalschutz und Bestandsschutz den Erhalt von Gebäuden begünstigen, während bauordnungsrechtliche Vorgaben und wirtschaftliche Erwägungen oft zum Abriss führen“, berichtet das BBSR. Hohe Sanierungskosten, insbesondere im Zusammenhang mit strengen Brandschutzvorgaben, oder geringe strukturelle Reservekapazitäten der Bausubstanz spielten dabei eine wesentliche Rolle. Zu strenge Bauvorschriften – oft kritisiert wenn es um bezahlbaren Neubau geht – sind also auch in Sachen Abrissvermeidung kontraproduktiv.

Ein Grund mehr also, Bauvorschriften zu verschlanken. Außerdem empfehlen die Forscher: Gebäude sollten von Anfang an so geplant werden, dass sie sich möglichst gut an neue Herausforderungen anpassen lassen. Architekten und Bauingenieure sollten dies berücksichtigen, wenn sie Geschosshöhen, die vertikale Erschließung oder auch die tragenden Strukturen von Gebäuden planen, wobei gewisse Lastreserven etwa für eine zukünftige Aufstockung sinnvoll sein können.

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