Abwassergebühren in NRW: Jetzt Widerspruch einlegen!

Haus & Grund Rheinland Westfalen macht Eigentümer und Vermieter auf eine wichtige Gerichtsentscheidung aufmerksam: Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat entschieden, dass die bisherige Praxis der Kommunen zur Berechnung der Abwassergebühren rechtswidrig ist. Seit Jahren wurden viel zu hohe Gebühren verlangt. Was Gebührenzahler jetzt wissen sollten.

Düsseldorf. Wer kürzlich seinen Bescheid über die Abwassergebühren bekommen hat oder ihn demnächst noch erhält, sollte unbedingt Widerspruch dagegen einlegen. Darauf macht der Landesverband Haus & Grund Rheinland Westfalen aufmerksam. Der Vorstandsvorsitzende von Haus und Grund Aachen, Prof. Dr. Peter Rasche, erklärt: „Die nach der bisherigen Praxis berechneten Gebühren sind nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 17. Mai 2022 rechtswidrig und viel zu hoch. Die Kommunen haben bisher zu hohe Abschreibungen und Zinsen für die Infrastruktur in die Gebühren eingerechnet, wie das Gericht festgestellt hat.“

Im Widerspruchsschreiben sollte man sich explizit auf das Urteil berufen, das Aktenzeichen lautet „9 A 1019/20“. „Die Einspruchsfrist beträgt einen Monat ab der Zustellung des Bescheids“, ergänzt Tobias Hundeshagen, Geschäftsführer von Haus und Grund Aachen. Er geht davon aus, dass die Kommunen die Gebühren nach dem Widerspruch aussetzen werden, bis eine Neuberechnung erfolgt ist. „Gegen eine Ablehnung des Widerspruchs könnten die Bürger schließlich, wie wir jetzt wissen, mit guten Erfolgsaussichten klagen“, stellt der Volljurist fest. Betroffene Haus- und Wohnungseigentümer finden rechtliche Beratung zum Thema bei ihrem örtlichen Verein von Haus & Grund.

Vermieter in Sorge: Droht jetzt ein Abrechnungsstopp?

Zugleich appellierte Hundeshagen an alle Kommunen, die ihre Abrechnungen noch nicht verschickt haben, jetzt auf keinen Fall abzuwarten, bis es neue Berechnungsregeln gibt: „Vermieter dürfen die Betriebskosten nur 12 Monate lang gegenüber ihren Mietern abrechnen. Dazu brauchen Sie die Gebührenbescheide.“ Wenn die Stadtverwaltungen jetzt erstmal abwarten würden, drohten die Vermieter daher auf den Gebühren ihrer Mieter sitzen zu bleiben. „Das wäre für viele private Kleinvermieter finanziell verheerend“, meint Hundeshagen. Die Kommunen sollten daher unbedingt vorerst weiter abrechnen wie bisher und die Widersprüche in Kauf nehmen.

Prof. Rasche fügt hinzu: „Spannend wird jetzt außerdem, wie es mit den Gebühren für Müllabfuhr, Straßenreinigung oder Frischwasser weitergeht. Auch hier wird nach ähnlichem Muster gerechnet, auch hier könnten sich Widersprüche und Klagen lohnen.“ Der Landesverband hofft indessen darauf, dass der Gesetzgeber möglichst bald klare und rechtssichere neue Regeln für die Gebührenberechnung aufstellt.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist derzeit (20. Mai 2022) noch nicht veröffentlicht. Die Pressemitteilung des Gerichts mit ausführlicher Erklärung der richterlichen Entscheidung findet sich <link https: www.justiz.nrw.de jm presse presse_weitere presseovg index.php _blank external-link-new-window external link in new>hier. Wichtig: Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen könnte die beklagte Kommune Oer-Erkenschwick Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht einlegen, Rechtsexperten halten die Aussichten einer solchen Beschwerde allerdings für gering.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern. Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein ist in der Regel in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.

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