Karlsruhe. Bei größeren Bauarbeiten ist es nicht unüblich, den Bauunternehmer schrittweise zu bezahlen, indem im Laufe der Bauarbeiten vorher vereinbarte Tranchen des Gesamtpreises überwiesen werden. Geht die Baufirma Pleite, bevor sie die Leistungen vollständig erbracht hat, kann der Auftraggeber zu viel gezahltes Geld als Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. Dafür kann er jedoch vom Insolvenzverwalter keine Schlussrechnung verlangen: Er muss vielmehr zunächst einen Schätzwert zur Insolvenztabelle anmelden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden (Urteil vom 07.11.2024, Az.: IX ZR 179/23).
Der konkrete Fall, den die Bundesrichter zu entscheiden hatten, drehte sich um einen Dachausbau in Niedersachsen. Dort hatte eine Hauseigentümerin eine Baufirma damit beauftragt, ihr Dachgeschoss umfassend auszubauen. Man vereinbarte für die Baumaßnahme einen Pauschalpreis von rund 121.000 Euro, der etappenweise gezahlt werden sollte. Die Bauherrin bezahlte bei der Erteilung des Auftrags im Juli die vereinbarte Anzahlung in Höhe von rund 40.000 Euro.
Im September begannen die Bauarbeiten, im Oktober zahlte die Bauherrin wie vereinbart die zweite Tranche in Höhe von ebenfalls rund 40.000 Euro. Mitte Dezember ging die Baufirma allerdings Pleite und stellte die Arbeiten ein, obwohl das Projekt noch nicht fertiggestellt war – das Unternehmen ging ins Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter lehnte es ab, das angefangene Projekt fertig zu bauen. Daraufhin wollte die Bauherrin verständlicher Weise den bis dahin zu viel gezahlten Teil ihrer Abschlagszahlungen zurückfordern.
Zwei Drittel bezahlt, Baufirma pleite – was nun?
Sie forderte den Insolvenzverwalter auf, ihr eine Schlussrechnung zu erstellen, auf deren Grundlage sie dann ihre Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden wollte. Doch der Insolvenzverwalter lehnte es ab, eine solche Rechnung zu erstellen. Die Auftraggeberin versuchte, die Schlussrechnung einzuklagen – scheiterte aber schlussendlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Bundesrichter entschieden: Solange die Auftraggeberin die Hauptforderung weder zur Insolvenztabelle angemeldet hat, noch der Anmeldung widersprochen wurde, kann sie vom Insolvenzverwalter auch keine Auskunft oder Schlussrechnung verlangen.
Vielmehr muss die Auftraggeberin zunächst ihre Rückforderung überschüssiger Zahlungen in Form einer Schätzung zur Insolvenztabelle anmelden. Begründung: Die nebenvertragliche Pflicht des Bauunternehmers, mit einer Schlussrechnung über seine erbrachten Leistungen abzurechnen, kann nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nur noch nach den Vorschriften zum Insolvenzverfahren erfolgen, stellten die Richter fest. Die Klage wurde daher abgewiesen.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern.
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