Darf man beim Haus-Verkauf ein früher dort geschehenes Verbrechen verschweigen?

Würden Sie in ein Haus einziehen, in dem ein Doppelmord stattgefunden hat? Was mache Menschen gruselt, ist für andere kein großes Problem. Für den Eigentümer einer solchen Immobilie stellt sich daher die heikle Frage: Muss ich beim Verkauf auf die dunkle Vergangenheit des Hauses hinweisen oder lasse ich das besser? Zu dieser Frage gibt es jetzt ein interessantes Gerichtsurteil.

Coburg. Beim Verkauf eines Hauses, dessen Vorgeschichte mit einem Verbrechen belastet ist, kann der Verkäufer grundsätzlich durchaus verpflichtet sein, darauf hinzuweisen. Das gilt allerdings nicht zeitlich unbegrenzt. Wer ein Haus 20 Jahre nach dem Verbrechen verkauft, muss dem Käufer von der dunklen Geschichte nichts mehr berichten. So hat es jedenfalls das Landgericht Coburg entschieden (Urteil vom 06.10.2020, Az.: 11 O 92/20).

Das Urteil wurde erst jetzt veröffentlicht, nachdem es rechtskräftig geworden ist – die Klägerin hatte zuvor ihre Berufung vor dem Oberlandesgericht Bamberg zurückgezogen, nachdem das Gericht auf die Aussichtslosigkeit des Unterfangens hingewiesen hatte. Die Klägerin hatte im Jahr 2008 ein Haus gekauft und erst später erfahren, dass dort 20 Jahre zuvor ein Doppelmord stattgefunden hatte. Eine Frau und ihr kleines Kind waren damals im Haus getötet worden.

Doppelmord vor 20 Jahren: Vorbesitzerin hatte sich nicht daran gestört

Auf diese Erkenntnis hin wollte die neue Eigentümerin den Kauf rückgängig machen. Sie verklagte die Verkäuferin wegen arglistiger Täuschung: Sie hätte ihr vor dem Kauf von dem Verbrechen berichten müssen, denn das Haus sei aufgrund seiner Vergangenheit schwer veräußerbar und dadurch im Wert gemindert. Die Verkäuferin hatte das Haus allerdings selbst erst im Jahr 2004 erworben und von dem Doppelmord Jahre später erfahren. Trotzdem lebte sie noch mehr als 10 Jahre lang in dem Haus, dessen Geschichte ihr nichts ausmachte.

Hätte sie der Käuferin trotzdem davon berichten müssen? Nein, entschied das Landgericht Coburg und wies die Klage der neuen Eigentümerin ab. Eine arglistige Täuschung lag hier nicht vor, der Kaufvertrag muss nicht rückabgewickelt werden. Dafür sah das Gericht zwei Gründe als entscheidend an. Erstens lag das Verbrechen aus dem Jahr 1998 beim fraglichen Verkauf mit 20 Jahren schon sehr lange zurück. Allein deshalb sei die Verkäuferin schon nicht mehr verpflichtet gewesen, auf das Verbrechen hinzuweisen.

Gericht sah keine arglistige Täuschung

Die Bedeutung eines solchen Verbrechens für die Kaufentscheidung des Käufers werde im Laufe der Zeit immer kleiner, schreibt das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Eine Pflicht zum Hinweis auf solch ein Ereignis könne daher nicht zeitlich unbegrenzt angenommen werden. Wo die zeitliche Grenze genau liegt, ließ das Gericht offen – nach 20 Jahren hielt man sie aber definitiv für überschritten.

Zweitens hatte die Verkäuferin nach Überzeugung des Landgerichts auch nicht arglistig gehandelt. Da sie selbst mehr als 10 Jahre lang in dem Haus gewohnt hatte, obwohl sie von dem Doppelmord wusste, maß sie dieser Vorgeschichte offensichtlich keine entscheidende Bedeutung bei. Sie hatte auch ausgesagt, sich darüber keine großen Gedanken gemacht zu haben. Insofern war ihr keine Arglist zu unterstellen.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern. Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein ist in der Regel in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.

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