Karlsruhe. Meldet ein Vermieter Eigenbedarf an, weil er seine bislang bewohnte Wohnung umbauen lassen und anschließend verkaufen möchte, geht das in Ordnung: Die Eigenbedarfskündigung ist in diesem Fall keine Verwertungskündigung und auch nicht deshalb missbräuchlich, weil der Vermieter selbst dafür gesorgt hat, dass er eine neue Wohnung benötigt. Gerichte haben die Lebensplanung vermietender Eigentümer zu respektieren. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt klargestellt (Urteil vom 24.09.2025, Az.: VIII ZR 289/23).
Das Urteil fiel in einem Fall aus Berlin, wo der Vermieter selbst in einer Wohnung des Mehrfamilienhauses wohnt, in dem sich auch die von ihm vermietete Wohnung befindet. Eine Konstellation, die bei privaten Kleinvermietern durchaus häufig vorkommt. Im konkreten Fall wohnt der Vermieter im vierten Stock und vermietet die darunter gelegene Zweizimmerwohnung im dritten Stock. Die Mieterin wohnt dort schon seit dem Jahr 2006, der Vermieter hatte die Wohnung später gekauft und war damit ins Mietverhältnis eingetreten.
Vermieter wohnte mit Mieterin unter einem Dach
Direkt über der Wohnung des Vermieters befindet sich das nicht ausgebaute Dachgeschoss. Es steht ebenfalls im Eigentum des Vermieters. So reifte der Plan, mehr aus dem Eigentum zu machen: Der Eigentümer wollte die Wohnung im vierten Stock mit dem Dachgeschoss verbinden und das Dachgeschoss ausbauen. Die dadurch entstehende große Maisonette-Wohnung wollte der Eigentümer nach Fertigstellung verkaufen. Um den Plan in die Tat umsetzen zu können, kündigte er der Mieterin im dritten Stock wegen Eigenbedarfs.
Er wollte vor Beginn der Bauarbeiten in die Wohnung im dritten Stock einziehen und diese auch danach weiter bewohnen. Die Mieterin weigerte sich, auszuziehen. Daraufhin strengte der Vermieter eine Räumungsklage an. Das Amtsgericht Charlottenburg gab ihm Recht, doch das Landgericht Berlin kippte das Urteil und wies die Klage ab. Dagegen zog der Vermieter vor den Bundesgerichtshof (BGH) und bekam Recht: Karlsruhe kippte einmal mehr die allzu mieterfreundliche Rechtsprechung des Berliner Landgerichts.
Eigenbedarf wegen Verkauf selbstgenutzter Wohnung zulässig
Die Bundesrichter stellten klar: Ein Vermieter kann nach den Buchstaben des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur kündigen, wenn er „die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“ (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Eine Eigenbedarfskündigung setzt also lediglich voraus, dass der Vermieter die Wohnung für seine Zwecke benötigt – das bedeutet nicht, dass er zwingend darauf angewiesen sein muss, wie der BGH betont. Es genügt der plausible Wunsch, die Wohnung selbst zu nutzen oder Angehörigen zur Verfügung zu stellen.
Diesen Wunsch haben Gerichte zu achten und nicht etwa „ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen“, schreibt der BGH in seinem Urteil. Eine entschiedene Zurechtweisung des Berliner Landgerichts, welches die Eigenbedarfskündigung als missbräuchliche Verwertungskündigung eingestuft hatte – mit der Begründung, der Vermieter habe seinen Bedarf in diesem Fall selbst verursacht. Karlsruhe stellte klar, das Nutzungsinteresse des Vermieters an seiner Wohnung sei auch dann zu respektieren, „wenn er den Bedarfsgrund willentlich herbeigeführt beziehungsweise selbst verursacht hat.“
Auch die Tatsache, dass die beiden übereinanderliegenden Wohnungen gleich geschnitten sind und sich durch den Umzug insofern die Wohnverhältnisse für den Vermieter nicht wesentlich ändern, stellte nach Ansicht des BGH keinen Grund dar, ihm seinen Umzugswunsch zu verwehren. Auch handelte es sich in diesem Fall nicht um eine sogenannte Verwertungskündigung – denn verkauft werden sollte ja nicht die bislang vermietete Wohnung. Karlsruhe verwies den Fall zur erneuten Entscheidung zurück an eine andere Kammer des Landgerichts.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern.
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