Düsseldorf. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen dürfen Erschließungsbeiträge künftig nur noch 10 Jahre lang von den Grundeigentümern eintreiben. So plant es die NRW-Koalition von CDU und FDP in einem Gesetzentwurf, der Haus & Grund Rheinland Westfalen vorliegt. Damit reagiert die Koalition auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen November (Beschluss vom 03.11.2021, Az.: 1 BvL 1/19).
Die Verfassungshüter hatten damals in einem Fall aus Rheinland-Pfalz entschieden, das Bundesland müsse mit einer klaren Frist dafür sorgen, dass die Kommunen Erschließungsbeiträge nicht noch Jahrzehnte später erheben können (<link https: www.hausundgrund-aachen.de aktuelles einzelansicht-aktuelles duerfen-kommunen-erschliessungsbeitraege-noch-jahrzehnte-spaeter-eintreiben-1984 _blank external-link-new-window external link in new>wir berichteten). Das Kommunalabgabengesetz des Landes sieht zwar vor, dass die Kommune die Erschließungsbeiträge innerhalb von vier Jahren erheben muss – sonst verjährt die Zahlungspflicht des Grundeigentümers. Die gleiche Regelung gilt in NRW.
Klare Frist sorgt für Planungssicherheit
Allerdings beginnt diese Verjährungsfrist nach dem Gesetz erst zu laufen, wenn die Vorteilslage durch die neue Erschließung für die Anlieger eingetreten ist. Dafür muss die Anlage abschließend fertiggestellt und offiziell gewidmet sein. Es ist allerdings gar nicht ungewöhnlich, dass eine neue Straße erst nach Jahrzehnten gewidmet wird. Insofern ist die Erhebung der Beiträge zeitlich unbegrenzt möglich. Das widerspricht aber dem rechtstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, wie das Bundesverfassungsgericht befand.
Genau wie in Rheinland-Pfalz gibt es bislang auch in NRW keine entsprechende Verjährungsfrist. Das holt die Koalition jetzt mit der zusätzlichen Frist von 10 Jahren nach. „Mit der Verjährungsfrist von 10 Jahren wählt NRW einen eigentümerfreundlich kurzen Zeitraum“, lobt Tobias Hundeshagen. Der Geschäftsführer von Haus und Grund Aachen ergänzt: „Die meisten anderen Länder, in denen es bereits eine solche Frist gibt, haben sich für 20 Jahre entschieden.“ Die SPD hatte schon im Dezember für NRW ebenfalls 20 Jahre gefordert.
Kurze Verjährungsfrist ist im Sinne der Eigentümer
„Die Entscheidung für 10 Jahre schafft für Eigentümer einen gut überschaubaren Zeitraum“, stellt Hundeshagen fest. „Umso mehr Zeit vergeht, desto größer wird die Ungewissheit für den Grundeigentümer, ob da überhaupt noch mal ein Beitragsbescheid kommt.“ Vor allem hat das Grundstück beim Ausnutzen einer hohen Verjährungsfrist womöglich schon längst einen neuen Eigentümer. Der wird in der Regel nicht wissen, dass für das Grundstück noch nie ein Erschließungsbeitrag gezahlt wurde und wird dann vom Bescheid überrumpelt.
Dabei kann die Höhe des Beitrags existenzbedrohend sein, schließlich geht es nicht selten um fünfstellige Beträge. Anders als bei Straßenausbaubeiträgen erreichen die Erschließungsbeiträge bis zu 90 Prozent der gesamten Baukosten. Die NRW-Koalition plant, die neue Frist noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Neuregelung zum 1. Juni 2022 in Kraft treten soll. Die neue Verjährungsfrist greift dann auch für alle laufenden Verfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Frist noch nicht bestandskräftig waren.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern. Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein ist in der Regel in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.
