Grundsteuer sorgt in NRW für Frust und Ärger: 1,3 Millionen Einsprüche eingegangen

Die Reform der Grundsteuer kommt in Nordrhein-Westfalen einfach nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus. Frust, Ärger und Verunsicherung sitzen tief bei vielen Grundeigentümern in NRW, bei den Finanzämtern stapeln sich die Einsprüche, erste Klagen sind bei Gericht anhängig. Mit dem wertabhängigen Bundesmodell hat NRW offenkundig aufs falsche Pferd gesetzt.

Düsseldorf. Die Grundeigentümer in Nordrhein-Westfalen hadern mit der neuen Grundsteuer. Bis Ende November haben die Finanzämter in NRW mehr als 1,3 Millionen Einsprüche gegen ihre Bescheide zur neuen Grundsteuer erhalten. Gegen die Grundsteuerwertfeststellungsbescheide gingen rund 876.000 Einsprüche ein, was 14,2 Prozent aller bis dahin erteilten Bescheide entspricht. Hinzu kamen rund 435.000 Einsprüche gegen Grundsteuermessbetragsbescheide, das sind 7,1 Prozent der erteilten Bescheide.

Diese Zahlen gehen aus der Antwort des NRW-Finanzministeriums auf eine Kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Ralf Witzel hervor, die Haus & Grund Rheinland Westfalen vorliegt. Die Rheinische Post hatte am Wochenende zuerst darüber berichtet. „Es ist ein wichtiges Zeichen, das hier von den Grundstückseigentümern in NRW gesetzt worden ist“, sagte Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland Westfalen, der Zeitung. Es seien zwar viele Einsprüche abzusehen gewesen, aber nicht so viele.

Bereits Klagen anhängig – Einspruch aufrechterhalten

Amaya mahnte die Eigentümer zugleich, in der Sache nicht locker zu lassen: „In einigen Regionen haben wir die Situation, dass die Finanzämter auf die Steuerpflichtigen zugehen und darum bitten, Einsprüche zurückzunehmen“, berichtete der Verbandsdirektor der Rheinischen Post aus den Erfahrungswerten seines Verbandes. „Wir raten nachdrücklich davon ab, sich darauf einzulassen.“ Einsprüche sollten also aufrechterhalten werden. In drei Fällen in Nordrhein-Westfalen haben Eigentümer bereits gegen die neue Grundsteuer geklagt (wir berichteten).

Mit Verweis auf die Aktenzeichen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren können Eigentümer bei ihrem Finanzamt ein Ruhen ihres Verfahrens bis zum Abschluss der Gerichtsverfahren beantragen und sollten das auch tun, wie Haus & Grund empfiehlt. Weitere Informationen dazu sowie alle bislang bekannten Aktenzeichen hat der Eigentümerverband auf seiner Website veröffentlicht (hier zu finden). Besonders wichtig ist der Einspruch für all jene Eigentümer, die ihre Steuererklärung nicht fristgerecht eingereicht und daraufhin einen Schätzungsbescheid erhalten haben.

Bürokratisches Chaos mit Ansage

Die Finanzämter haben im Spätsommer begonnen, diese Schätzbescheide zu verschicken, was auch erklärt, warum die Zahl der Einsprüche im Herbst noch kräftig weiter gestiegen ist. „Die Schätzungen der Finanzämter dürften zumeist wenig mit der Realität zu tun haben, so dass ein Einspruch in diesem Fall umso ratsamer ist“, beurteilt Erik Uwe Amaya die Sachlage. Die jetzt vom Ministerium veröffentlichten Zahlen zeigen, dass noch immer hunderttausende Steuererklärungen fehlen – entsprechend hoch dürfte die Zahl der Schätzbescheide ausfallen.

Landesweit sind bis Ende November 93,2 Prozent der mehr als 6 Millionen abzugebenden Grundsteuererklärungen eingegangen, damit fehlen noch immer mehr als 400.000. Von den bereits eingegangenen Erklärungen haben die Finanzämter bis Ende November 98 Prozent bearbeitet, davon 51 Prozent vollmaschinell. „Die hohe Zahl ausstehender Steuererklärungen und die hohe Zahl an Einsprüchen zeigen, wie groß Frust und Verunsicherung der Bürger über die neue Grundsteuer sind“, stellt Amaya fest.

Das unterstreicht auch die Tatsache, dass die Grundsteuer-Hotline des Landes allein im November rund 18.500 Anrufe von hilfesuchenden Bürgern erhalten hat. Die Problematik war abzusehen: Haus & Grund Rheinland Westfalen hatte von vorne herein davor gewarnt, dass es sich bei der neuen Berechnungsmethode für die Grundsteuer um ein bürokratisches Monster handelt. NRW könnte auf die Umsetzung dieses sog. Bundesmodells verzichten und eine eigene Berechnungsmethode einführen, dazu fehlte bisher jedoch der politische Wille.

zurück zum News-Archiv