Hör mal, wer da klopft: Was Nachbarn erdulden müssen und was nicht

Lärm aus der Nachbarwohnung ist wohl einer der häufigsten Anlässe für Streit unter Nachbarn. Der Eine dreht die Musik voll auf, der Andere klopft genervt gegen Wand oder Decke, um seiner Missbilligung Ausdruck zu verleihen. Doch Vorsicht: Das Klopfen ist keine Lösung und kann, zumindest bei exzessiver Wiederholung, ernste Konsequenzen haben. Das zeigt jetzt ein Urteil aus Bayern.

München. Wieder und wieder gegen die Decke zu klopfen ist ein Verhalten, dass sich nicht als Notwehr gegen eine vermeintliche Lärmbelästigung durch die Nachbarn der darüber liegenden Wohnung rechtfertigen lässt. Mehr noch: Wer exzessiv gegen die Decke klopft, muss den Nachbarn von oben unter Umständen sogar Schmerzensgeld zahlen. Das hat zumindest das Amtsgericht München entschieden (Urteil vom 18.08.2023, Az.: 173 C 11834/23). Das Gericht hat das Urteil, das inzwischen rechtskräftig ist, erst am 13. Januar 2025 publik gemacht.

Auslöser der Streitigkeiten zwischen den beiden Münchner Mieterhaushalten war offenbar eine Industrienähmaschine. Zumindest fühlte sich die Mieterin der unteren Wohnung durch die Geräuschentwicklung des in der oberen Wohnung betriebenen Geräts gestört. Sie wandte sich im Sommer 2022 hilfesuchend an die Gemeinde, welche die Vermieterin der Wohnung ist. Diese schickte im November 2022 zwei Mitarbeiter vorbei, welche die Sachlage beurteilen sollten. Sie stellten allerdings fest, dass die Nähmaschine in der darunterliegenden Wohnung gar nicht zu hören war.

Nachbarin fühlte sich von Nähmaschine gestört

Die Handarbeitsfreundin wollte trotzdem jeglichen Ärger mit der Nachbarin vermeiden und entfernte die Nähmaschine aus der Wohnung. Doch offenbar fühlte sich die Mieterin der unteren Wohnung weiterhin durch Geräusche gestört und klopfte munter weiter gegen die Decke, um sich gegen den vermeintlichen Krach zu wehren. Den Nachbarn aus der oberen Wohnung wurde es zu bunt. Sie verklagten die Nachbarin auf Schmerzensgeld, da sie zwischen August 2022 und April 2023 in mindestens 500 Fällen gegen die Decke geklopft habe.

Das hätte bei ihnen zu stressbedingten Beschwerden geführt, trugen die klagenden Eheleute dem Gericht vor. Mit Erfolg: Das Amtsgericht verurteilte die Klopferin zur Unterlassung sowie zur Zahlung von 300 Euro Schmerzensgeld. „Die Beklagte hat unstreitig mit einem Gegenstand gegen die Decke ihrer Wohnung geklopft. Streitig ist nur, wie häufig dies vorkam und ob dies durch Notwehr gerechtfertigt ist“, fasst das Gericht die Beweisaufnahme zusammen. Auch die Nachtruhe sei durch die Klopfattacken beeinträchtigt worden.

Klopfen an die Decke nicht als Notwehr zu rechtfertigen

Als unerheblich bewertete das Gericht die Tatsache, dass es der Beklagten nicht gelungen war, mit Tonaufzeichnungen zu beweisen, dass wirklich Geräusche einer Nähmaschine zu hören gewesen wären. Denn auch dann sei das Klopfen gegen die Decke nicht als Notwehr gegen die Geräuschbelästigung zu rechtfertigen gewesen. „Selbst wenn aus der Wohnung der Klägerin Geräusche dringen, darf die Beklagte nicht durch ständiges Klopfen reagieren“, stellt das Gericht in seinem Urteil klar. Stattdessen hätte sie auf Unterlassung klagen müssen.

Tipp: Ärger mit den Nachbarn beschäftigt häufig die Gerichte. Wer seine Rechte kennt und sich dementsprechend verhält, kann oftmals vermeiden, dass es zu einem Rechtsstreit kommt. Die Haus & Grund Rheinland Westfalen Verlag und Service GmbH bietet daher am 26. März 2025 ein Online-Seminar zum Thema Nachbarrecht an: In dem zweistündigen Kurs „Guter Nachbar, böser Nachbar – Grundzüge des Nachbarschaftsrechts“ lernen die Teilnehmer die wichtigsten Grundlagen, um Ärger in der Nachbarschaft besser handhaben zu können. Hier gibt es weitere Informationen und das Anmeldeformular.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern.
Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein in Aachen und Alsdorf ist in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.

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