Luxemburg. Eine Bank muss einen Kreditnehmer vor Vertragsabschluss darüber informieren, welche einmaligen und regelmäßigen Kosten auf ihn zukommen. Wenn die Bank dabei nicht erwähnt, dass die Provision für die Kreditgewährung eine einmalige, laufzeitunabhängige Zahlung ist, muss vom Gegenteil ausgegangen werden. Bei vorzeitiger Rückzahlung des Kredits kommt dann also eine anteilige Rückerstattung der Provision in Frage. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt entschieden (Urteil vom 17.10.2024, Az.: - C-76/22).
Ein polnisches Gericht hatte die Richter der europäischen Ebene angerufen, weil es in folgendem Fall zu entscheiden hatte: Eine Verbraucherin hatte zum Kauf einer Immobilie einen Hypothekenkreditvertrag abgeschlossen, der für eine Laufzeit von 30 Jahren angelegt war. Für die Gewährung des Kredits kassierte die Bank eine Provision – diese war in den Gesamtkosten des Kredits enthalten, welche die Kreditnehmerin bei Vertragsabschluss zahlte.
Nun spielte das Leben etwas anders als geplant: Schon nach 19 Monaten konnte die Immobilieneigentümerin den kompletten Kredit vollständig zurückzahlen. Sie verlangte jetzt von der Bank, sie möge ihr den Teil der Provision, der auf die nunmehr ungenutzten 341 Monate Restlaufzeit entfiel, zurückerstatten. Die Bank weigerte sich, weswegen die Kundin vor Gericht zog.
Provision für Kredit auf Laufzeit bezogen?
Das rechtliche Problem: In diesem Fall hatte die Bank die Kundin beim Vertragsabschluss nicht darauf hingewiesen, dass die Provision unabhängig von der Vertragslaufzeit zu zahlen sei. Die Kundin ging deswegen davon aus, dass dem nicht so sei. Wer hat Recht? Die Antwort ist aus der Wohnimmobilienkreditrichtlinie der EU abzuleiten, erkannte das polnische Gericht. Man war sich aber unsicher, wie diese hier genau auszulegen sei und schaltete daher zur Klärung den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein.
Und der entschied: Wenn die Bank nicht darauf hingewiesen hat, dass die Provision unabhängig von der Laufzeit des Kredits anfällt, dann ist davon auszugehen, dass sie sehr wohl laufzeitabhängig ist. In solch einem Fall kann dann eine anteilige Erstattung bei vorzeitiger Tilgung des Kredits in Frage kommen. Auch wenn alle Raten auf einmal getilgt werden, ändert sich an diesem Zusammenhang nichts, stellte Luxemburg fest.
Im Zweifel steht Kreditnehmer anteilige Erstattung zu
Der Kreditgeber sei verpflichtet, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über die Aufschlüsselung der Kosten nach einmaligen und regelmäßigen Kosten zu erteilen. Durch das Fehlen nicht erteilter Informationen dürfen die Verbraucher nicht benachteiligt werden, betonten die Richter. Nur auf die Frage des polnischen Gerichts, wie die Höhe der Ermäßigung für die Gesamtkosten des Kredits nun zu berechnen ist, ließ der EuGH unbeantwortet. Hierzu sehe das Unionsrecht keine spezifische Berechnungsmethode vor, stellten die Richter fest.
Daher sei es nun die Aufgabe des polnischen Gerichts, selbst eine Entscheidung zu treffen – auf Grundlage einer Methode, die einen hohen Verbraucherschutz gewährleistet. Das bedeutet: Auch deutsche Immobilienkreditnehmer können bei vorzeitiger Rückzahlung eines Kredits unter Umständen die Provision anteilig erstattet bekommen, wenn die Bank nicht über deren Laufzeitunabhängigkeit informiert hatte. Dabei ist die Höhe der Erstattung dann aber im Zweifel durch ein deutsches Gericht festzulegen und kann anders ausfallen, als etwa in Polen.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern.
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