Karlsruhe. Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) darf nur noch die Eigentümergemeinschaft gerichtlich gegen Störungen des Gemeinschaftseigentums vorgehen. Einzelne Wohnungseigentümer dürfen solche Prozesse noch in Altfällen (weiter)führen, bei denen die Klage vor Inkrafttreten der Reform eingereicht wurde. Aber auch dann kann die Gemeinschaft das Verfahren an sich ziehen und dem Einzeleigentümer die Klage verbieten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt klargestellt (Urteil vom 28.01.2022, Az.: V ZR 86/21).
Das Urteil fiel im Streit einer Eigentümergemeinschaft in Frankfurt am Main. Die Eigentümerin einer Erdgeschosswohnung besitzt zugleich vier Kellerräume im Haus. Sie wollte diese Räume als zusätzliche Wohnräume zu ihrer Wohnung hinzufügen. Dazu ließ sie einen Deckendurchbruch machen. Da die Kellerräume nicht über eine für Wohnzwecke ausreichende Deckenhöhe verfügten, ließ die Wohnungseigentümerin außerdem den Fußboden um 25 Zentimeter tiefer legen, um die nötige Raumhöhe erreichen zu können.
Massive Umbauten am Haus auf eigene Faust gestartet
Massive Eingriffe in die Bausubstanz des Hauses und mithin in das Gemeinschaftseigentum, die den anderen Wohnungseigentümern im Gebäude nicht unbedingt behagten. Bei zahlreichen Eigentümerversammlungen war die Aktion Thema, es konnte jedoch nie eine Einigung erzielt werden. Die Wohnungseigentümerin stützte sich bei der Maßnahme auf die Zusicherung in der Teilungserklärung, dass die Eigentümer die in ihrem Sondereigentum und Sondernutzungsrecht stehenden Kellerräume umbauen und zu jeglichem Zweck benutzen dürfen.
Nachdem die Bauaufsichtsbehörde einen Baustopp verhängt hatte erließ das Amtsgericht eine einstweilige Verfügung, wonach die Eigentümerin Deckendurchbruch, Erdarbeiten und Arbeiten am Fundament zu unterlassen hatte. Die Nachbarin aus dem 2. Obergeschoss klagte dann gegen die Umbauherrin: Sie sollte den Deckendurchbruch rückgängig machen, den Kellerfußboden wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen und die Wohnnutzung der Kellerräume unterlassen. Die Klage scheiterte jedoch vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
Nachbarin durfte Prozess nicht führen
Die Bundesrichter stellten nämlich fest, dass die Klägerin gar nicht klagen durfte. Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetztes (WEG) zum 1. Dezember 2020 dürfen einzelne Wohnungseigentümer nicht mehr gegen eine Störung des Gemeinschaftseigentums klagen. Das darf nur noch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Ganzes. Wenn die Klage vor dem Inkrafttreten der Reform schon eingereicht wurde, gilt das zwar nicht und so war es hier auch gewesen. Allerdings stellte der BGH fest: Auch bei solchen Altfällen kann die Gemeinschaft die Prozessführungsbefugnis an sich ziehen.
Das war in diesem Fall auch passiert: Die Gemeinschaft hatte der Klägerin untersagt, in diesem Fall auf eigene Faust zu klagen. Die obersten Zivilrichter bestätigten, dass die Eigentümergemeinschaft in der Tat die Möglichkeit hat, einen solchen Fall von Störungen des Gemeinschaftseigentums an sich zu ziehen. Nur wenn das Sondereigentum der Klägerin ebenfalls durch die Umbaumaßnahmen gestört würde, hätte sich daraus eine persönliche Klagemöglichkeit der Klägerin herleiten lassen, wie der BGH Anfang des Jahres entschieden hatte (<link https: www.hausundgrund-aachen.de aktuelles einzelansicht-aktuelles sondernutzungsrecht-beeintraechtigt-darf-einzelner-wohnungseigentuemer-klagen-2020 external-link-new-window internal link in current>wir berichteten). Eine solche Betroffenheit hatte die Klägerin aber nicht dargelegt.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern. Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein ist in der Regel in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.