Wohnungseigentum: Wer zahlt den Selbstbehalt der Gebäudeversicherung?

Bei Versicherungen werden oft Selbstbeteiligungen für den Schadensfall vereinbart, um die Versicherungsprämie gering zu halten. Doch was passiert eigentlich im Schadensfall, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft eine solche Regelung eingegangen ist? Müssen dann alle Eigentümer ihren Anteil am Selbstbehalt zahlen, selbst wenn der Schaden nur in einer Wohnung aufgetreten ist?

Karlsruhe. Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) in ihrer Gebäudeversicherung einen Selbstbehalt vereinbart hat, müssen im Schadensfall auch alle gemeinsam dafür aufkommen. Das gilt unabhängig davon, ob der Schaden im Gemeinschaftseigentum oder nur im Sondereigentum eines einzelnen Wohnungseigentümers aufgetreten ist. Dabei macht es keinen Unterschied, wenn der Selbstbehalt wegen häufiger Schäden von der Versicherung besonders hoch gesetzt wird. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden (Urteil vom 16.09.2022, Az.: V ZR 69/21).

Damit klärten die Richter den Rechtsstreit in einer Wohnungseigentümergemeinschaft, in der es neben Wohnungen auch eine Gewerbeeinheit gibt. In dem Haus zeigten sich in den letzten Jahren vermehrt Probleme mit den Wasserleitungen, es kam immer wieder zu Wasserschäden in den Wohnungen. Das führte allein im Jahr 2018 zu Kosten in Höhe von rund 85.000 Euro. Wegen der häufigen Leitungswasserschäden setzte die Gebäudeversicherung der Eigentümergemeinschaft die Selbstbeteiligung auf 7.500 Euro hoch.

So musste die Versicherung fortan nur noch um die 25 Prozent der Wasserschäden bezahlen. Die WEG-Verwalterin legte die Ausgaben für den Selbstbehalt nach Eigentumsanteilen auf die Eigentümer der Gemeinschaft um. Die Eigentümerin der Gewerbeeinheit wollte das nicht hinnehmen: Sie musste wegen ihres hohen Flächenanteils besonders tief in die Tasche greifen. In ihren Räumlichkeiten war es aber zugleich nach ihrer Aussage nie zu einem Wasserschaden gekommen. Es wurde daher als ungerecht empfunden, sich an den Kosten der Wasserschäden in den Wohnungen der anderen Eigentümer beteiligen zu müssen.

BGH: Für den Selbstbehalt müssen alle aufkommen

Die Eigentümerin der Gewerbeeinheit zog vor Gericht. Sie wollte mit ihrer Klage davon befreit werden, ihren Anteil zum Selbstbehalt der Gebäudeversicherung für die Leitungswasserschäden beisteuern zu müssen. Das Argument: Die Schäden an den Leitungen hätten jeweils hinter dem Absperrhahn der jeweils betroffenen Wohneinheiten gelegen und damit im Sondereigentum der Wohnungseigentümer. Die Klage scheiterte allerdings in allen Instanzen, letztlich auch vor dem  Bundesgerichtshof (BGH).

Die Richter entschieden: Die WEG-Verwaltung durfte den Selbstbehalt aus der Gebäudeversicherung so umlegen, wie sie es getan hat. Wenn die Gemeinschaft eine Versicherung mit Selbstbeteiligung abgeschlossen hat, sind alle Mitglieder der Gemeinschaft nicht nur an der Zahlung der Versicherungsprämie, sondern im Schadensfall auch am Selbstbehalt zu beteiligen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Schaden im Sondereigentum oder im Gemeinschaftseigentum aufgetreten ist.

Die Begründung: Die Gemeinschaft hat sich für die Vereinbarung eines Selbstbehalts entschieden, weil das für alle Miteigentümer eine geringere Belastung durch die Versicherungsbeiträge bedeutet, die wegen des Selbstbehalts niedriger ausfallen. Alle profitieren also von der Regelung – deshalb müssen im Zweifel auch alle für die Selbstbeteiligung einstehen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Versicherung wie in diesem Fall wegen häufiger Schäden auf einem gewissen Selbstbehalt besteht, um die Versicherung weiter anbieten zu können.

Selbstbehalt nützt allen Eigentümern

Auch dann nützt der Selbstbehalt allen Eigentümern, weil er eine Fortsetzung des Versicherungsvertrages ermöglicht. Allerdings stellte der BGH auch fest: Der Verteilerschlüssel für die Umlage der Selbstbeteiligung könnte hier für zukünftige Schadensereignisse unter Umständen angepasst werden. Die Eigentümerin der Gewerbeeinheit könnte einen Anspruch darauf haben, wenn sich belegen ließe, dass die bisherige Regelung aus schwerwiegenden Gründen unbillig erscheint.

Das müsste aber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch der Rechte und Interessen der anderen Eigentümer abgewogen werden. Sollten die zahlreichen Wasserschäden in diesem Fall in baulichen Unterschieden im Leitungsnetz der Wohnungen gegenüber der Gewerbeeinheit begründet sein, könnte eine unbillige Belastung der Gewerbeeigentümerin gegeben sein. Ein unterschiedliches Nutzungsverhalten wäre bei ansonsten gleichen baulichen Verhältnissen aber nicht ausreichend, urteilte der BGH. Ob in diesem Fall eine Anpassung des Umlageschlüssels für die Zukunft in Betracht kommt, muss jetzt die Vorinstanz klären.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern. Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein ist in der Regel in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.

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