Berlin. Der Fall: Bruder und Schwester erben ein Erbbaurecht an einem mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstück. Die Schwester überträgt ihren Erbanteil an den Bruder. Das Erbbaurecht ist allerdings mit einem Wohnungsrecht einer dritten Person belastet. Mit notariell beurkundetem Vertrag verzichtet die Inhaberin des Wohnungsrechts gegen Zahlung einer einmaligen Ausgleichsentschädigung auf ihr Wohnungsrecht und verpflichtet sich, das Gebäude zu räumen. Die Kosten der notariellen Beurkundung trägt der Erbe, der die Immobilie umfassend renoviert und vermietet.
So weit, so gut. Aber die steuerlichen Probleme beginnen jetzt erst. Denn der Erbe macht die Ausgleichszahlung für das Wohnungsrecht und die dafür angefallenen Notarkosten als vorab entstandene Werbungskosten in seiner Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt sieht das anders: Die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnungsrechts und die damit im Zusammenhang stehenden Beurkundungskosten seien keine Werbungskosten, sondern Anschaffungskosten des Wohngebäudes. Diese Kosten könnten nur durch Erhöhung der im Streitjahr anzusetzenden Absetzung für Abnutzung (AfA) berücksichtigt werden.
BFH sieht Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Einkunftserzielung
Der BFH entschied jedoch im Sinne des erbenden Klägers: Die Aufwendungen des Grundstückseigentümers zur Ablösung von Nutzungsrechten Dritter können zu den sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gerechnet werden – wenn sie dem Abschluss eines neuen Nutzungsüberlassungsvertrages und der künftigen Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen. Argument war hierbei der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Ablösung des Wohnungsrechts und der beabsichtigten Einkunftserzielung aus Vermietung und Verpachtung.
Fazit von Sibylle Barent, Leiterin Steuern und Finanzen beim Zentralverband Haus & Grund Deutschland: „Wohnungsrechts-Ablösezahlungen können unter bestimmten Bedingungen sofort abziehbare Werbungskosten sein. Sie müssen dann nicht über die gesamte Nutzungsdauer der Immobilie abgeschrieben werden. Das mindert die Einkommensteuerlast und erhöht die sofort verfügbare Liquidität, die gerade in Zeiten hoher energetischer Sanierungsanforderungen wichtig ist. Ob das im konkreten Einzelfall zutrifft, sollte durch einen Steuerexperten überprüft werden.“
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern. Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein ist in der Regel in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.