Zu langsam gebaut: vergütungsloser Heimfall des Erbbaurechts möglich?

Wenn Kommunen Erbbaurechte begeben, dann verknüpfen sie das gerne mit einer Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das Grundstück auch innerhalb einer gewissen Frist zu bebauen. Aber kann sich die Stadt den vergütungslosen Heimfall des Erbbaurechts vorbehalten für den Fall, dass der Bauherr zu langsam baut? Ja, sagt der Bundesgerichtshof (BGH).

Karlsruhe. Wer einen Erbbaurechtsvertrag für ein Grundstück abschließt, der eine Bauverpflichtung vorsieht, muss das Grundstück vergütungsfrei zurückgeben, wenn die Bauverpflichtung nicht eingehalten wird und der Vertrag für diesen Fall einen vergütungslosen Heimfall des Erbbaurechts vorsieht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden (Urteil vom 19.01.2024, Az.: - V ZR 191/22) und dabei einiges zu den Details klargestellt, die für diesen Fall zu beachten sind.

Der konkrete Fall hat sich in Baden-Württemberg zugetragen. Ein Moschee-Verein hatte von der Stadt Leinfelden-Echterdingen ein Grundstück für den Bau einer Moschee samt Kulturhaus bekommen. Stadt und Verein schlossen dazu einen Erbbaurechtsvertrag ab: Demnach durfte der Verein auf dem Areal seine Moschee errichten und betreiben und verpflichtete sich zugleich, innerhalb von vier Jahren den ersten Bauabschnitt fertigzustellen. Dieser umfasste den Bau des Gotteshauses selbst sowie des geplanten Kulturhauses.

Verein baute zu langsam – Bauverpflichtung verletzt

Die Stadt behielt sich eine Rückübertragung des Erbbaurechts vor, sollte der Verein seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommen. Genau dieser Fall trat dann auch ein: Der Verein schaffte es nicht, die Moschee innerhalb der geforderten vier Jahre zu erbauen. Den Preis für das Grundstück – etwas mehr als 880.000 Euro – hatte der Verein allerdings bereits entrichtet. Die Eintragung des Vereins als Eigentümerin im Grundbuch hatte jedoch noch nicht stattgefunden. Die Stadt machte den vergütungslosen Heimfall des Erbbaurechts geltend und verlangte das Grundstück zurück.

Die Sache wurde ein Fall für die Justiz. Die Stadt bekam in allen Instanzen Recht, zuletzt auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Bundesrichter entschieden, dass das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart nicht zu beanstanden ist. Darin war der Moscheeverein dazu verurteilt worden, die Rückübertragung des Erbbaurechts zu erklären, 110.000 Euro an zwischenzeitlich aufgelaufenen Erbbauzinsen nachzuzahlen, den Kaufvertrag rückabzuwickeln, so dass die Stadt Eigentümerin des Grundstücks bleibt, und den bereits stehenden Gebäudeteil bis zum Abschluss der Rückabwicklung zu versichern.

Vergütungsloser Heimfall bei Verstoß gegen Bauverpflichtung möglich

Daran hatte der BGH nichts auszusetzen. Die Richter stellten klar: Wenn eine Kommune ein Erbbaurecht begibt, darf sie dies mit einer Bauverpflichtung verbinden. Das sei nicht unangemessen, schließlich verfolge die Kommune in der Regel so wie auch in diesem Fall das Ziel damit, ein Grundstück der Öffentlichkeit für eine Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die gesetzte Frist von vier Jahren hielt Karlsruhe ebenfalls nicht für unangemessen. Wer gegen eine solche, legitime Bauverpflichtung verstößt, muss die vertraglich vereinbarten Konsequenzen tragen, befand der BGH.

Das gilt zumindest, wenn der Verstoß gegen die Verpflichtung auf eigenes Verschulden zurückgeht. Dann sei keine Nachfrist angebracht. Das eigene Verschulden sahen die Richter in diesem konkreten Fall auch als gegeben an. Es sei außerdem auch verhältnismäßig gewesen, dass die Kommune den vergütungslosen Heimfall des Erbbaurechts eingefordert hat. Der Erbbauberechtigte darf zwar für seine Verstöße gegen die vertraglichen Verpflichtungen nicht übermäßig hart bestraft werden. Insofern müsse der vergütungslose Heimfall in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Vertragsverstoßes stehen.

Auch das hielt der BGH hier aber für gegeben. Der Verein hatte nach Überzeugung der Richter die Bauverpflichtung schuldhaft missachtet. Zugleich steht ihm bei der Rückübertragung des Grundstücks eine Vergütung für das Bauwerk nach seinem Verkaufswert zu. Die Vertragsklausel, die den vergütungslosen Heimfall vorsah, war ebenfalls rechtens. Schließlich hätte der Verein es selbst in der Hand gehabt, diesen vergütungslosen Heimfall zu verhindern. Umgekehrt hätten der Stadt bei einer Vergütungspflicht erhebliche Kosten gedroht und die Haushaltslage der Kommune unter Umständen einen Verzicht auf den Heimfall erfordert, so dass die Stadt ihr Recht aus dem Vertrag nicht hätten geltend machen können.

 

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern.
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