Karlsruhe. Eine Eigentümerversammlung kann nicht beschließen, Lieferanten das Halten in einer Feuerwehrzufahrt der Anlage zu erlauben. Ein solcher Beschluss verstößt gegen Bauordnungsrecht und ist nichtig. Ein einzelner Wohnungseigentümer kann allein allerdings nicht dagegen klagen. Auch wenn es um Brandschutz geht, kann nur die Gemeinschaft gegen eine Störung am Gemeinschaftseigentum vorgehen – es sei denn, es handelt sich um einen Altfall von vor der WEG-Reform. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urteil vom 28.01.2022, Az.: V ZR 106/21).
Der Fall drehte sich um eine Wohneigentumsanlage in Hessen, die aus mehreren Gebäuden besteht. Im Vorderhaus befindet sich im Erdgeschoss eine Supermarkt-Filiale. Es gibt einen Fußweg mit Treppenstufen und eine Durchfahrt, die zum Hinterhaus führen, in dem sich weitere Wohnungen befinden. Die Durchfahrt ist als Feuerwehrzufahrt ausgewiesen, damit etwaige Brände im Hinterhaus bekämpft werden können. Allerdings kam es zu einem Konflikt mit dem Lieferverkehr des Supermarktes.
Eigentümerversammlung erlaubte Halten in Feuerwehrzufahrt
Die Lieferanten des Geschäfts sahen sich nämlich dazu gezwungen, die Feuerwehrzufahrt zur Belieferung zuzuparken. Die Eigentümerversammlung hatte das Problem kommen sehen und daher schon im Jahr 2008 einstimmig beschlossen, einem Lieferfahrzeug pro Tag das Halten zum Ausladen vor der Feuerwehrzufahrt zu erlauben. Gegen diesen Beschluss zog eine Wohnungseigentümerin vor Gericht: Die Dame wohnt im Hinterhaus und ist gehbehindert. Wegen der Treppenstufen erschwert die Nutzung des Fußwegs ihr den Gang in ihre Wohnung.
Sie möchte daher möglichst die Feuerwehrzufahrt als Weg zu ihrer Wohnung nutzen – was aber nicht geht, wenn dort ein Lastwagen steht. Nachdem das Landgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen hatte, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Sinne der Klägerin: Sie habe einen Unterlassungsanspruch, weil sie ihre Wohnung nur durch die Feuerwehrzufahrt erreichen könne. Damit sei sie auch nach der WEG-Reform klagebefugt, weil ihr Sondereigentum von der Frage betroffen sei und nicht nur das Gemeinschaftseigentum.
Der Bundesgerichtshof (BGH) sah das etwas anders – verbannte die Lieferanten aber trotzdem. Da die im Dachgeschoss gelegene Wohnung der Klägerin ebenfalls nur über eine Treppe erreichbar war, werde der Weg zur Wohnung durch die Nutzung des Fußwegs für die Eigentümerin zwar beschwerlicher, aber nicht verunmöglicht. Die Treppe im Haus könne sie ja offensichtlich auch bewältigen.
Beschluss nichtig – Verstoß gegen die Bauordnung
Insofern war hier nach Ansicht der Bundesrichter nur von einer Störung des Gemeinschaftseigentums auszugehen – und dagegen kann nur die Gemeinschaft klagen. In diesem Fall drehte es sich allerdings um einen Fall aus der Zeit vor der WEG-Reform. Wie berichtet haben in solchen Altfällen Einzeleigentümer noch das Recht, den Prozess zu führen, wenn die Gemeinschaft ihn nicht an sich zieht, was hier nicht passiert war.
Insofern sprach der BGH der Klägerin die Prozessführungsbefugnis zu – wenn auch mit einer anderen Begründung als die Vorinstanz. Die Bundesrichter erklärten den Beschluss der Wohnungseigentümer für nichtig: Es verstößt gegen die hessische Landesbauordnung, das zeitweilige Halten in einer Feuerwehrzufahrt zu erlauben. Einen solchen Beschluss durften die Eigentümer gar nicht fassen. Eine Feuerwehrzufahrt muss ständig freigehalten werden. Auch die Landesbauordnung von Nordrhein-Westfalen enthält diese Vorschrift (§ 5 Abs. 2 Satz 2).
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind daher nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann ein Rechtsberater Ihres Haus & Grund-Ortsvereins mit Ihnen als Mitglied erörtern. Die rechtsanwaltliche Beratung durch Ihren Ortsverein ist in der Regel in der Mitgliedschaft enthalten, es fallen keine anwaltlichen Gebühren an.